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Die Volksgruppe der Baduy in Westjava

Freundlicherweise durften wir diesen Artikel eines Journalisten übersetzen, der Teil einer 13-köpfigen Gruppe aus Jakarta war, die 2005 die Volksgruppe der Baduy besuchen konnte. Vielen Dank an dieser Stelle an den Journalisten Mappa Jarungi.

Die Bilder wurden von Sri Sariningdiya zur Verfügung gestellt. Vielen Dank auch an diese Stelle.

Da die Baduy streng abgeschottet leben und nur selten Besuchern den Zugang zu Ihrer Gemeinschaft gewähren ist dieser Bericht einer der seltenen Einblicke in das Leben der Baduy.

Die Bevölkerungsgruppe der Baduy, lebt im Westen der indonesischen Insel Java, nahe der Stadt Banten. Das Besondere an dieser Menschen ist, dass diese auf jegliche Technik, so weit als möglich verzichtet.

Sämtliche technischen Geräte dürfen weder eingeführt noch benutzt werden. Lange Wegstrecken müssen zum Beispiel zu Fuß zurückgelegt werden.

Baduy Dalam und Baduy Luar

Nach ca. sechsstündiger Fahrt (mit einem unfreiwilligen Zwischenstopp im Graben und anschließender Rettungsaktion) erreichte die Gruppe das Kampung Nangerang, nahe Ihres Reiseziels.

Der Rest des Weges zum Kampung Urang Baduy musste zu Fuß zurückgelegt werden. Nach dem Fußmarsch erfuhren die Journalisten während eines Mittagsessens durch Ihren Gastgeber Pak Sarmin einige Details über die Baduy.

Er erzählte, dass sich die Baduy in zwei Gruppen geteilt hätten und zwar in die Baduy Dalam (= Innen) und die Baduy Luar (= Außen). Pak Sarmin war ein Baduy Luar.

Früher hatten beide Gruppen zusammengelebt und gehörten dem Volksstamm Kanekes oder auch Urang Kanekes an.

Zur Spaltung war es durch die Gesetze dieses Volksstammes gekommen. Wer gegen jene verstieß wurde aus der Gemeinschaft verbannt.

Viele Verbannte versammelten sich in einem nicht allzu weit entferntem Gebiet und gründeten dort eine neue Gemeinschaft (die Baduy Luar), allerdings mit gelockerten Gesetzen.

Sie durften allerdings nicht ins ehemalige Dorf zurückkehren, außer wenn ein Dorfleiter (= Pu´un) eine Begnadigung aussprach. In diesen Fällen war es Ihnen, nach Ableistung von Strafarbeiten gestattet in ihr ehemaliges Heimatdorf zurückzukehren.

Einige verließen das Dorf allerdings auch freiwillig, weil sie sich nicht weiter an die strengen Regeln der Baduy Dalam richten wollten oder konnten.

Seither gibt es die Baduy Dalam (die ursprüngliche Gemeinschaft, die sich mit strengen Regeln gegen den Einfluss von Technik und äußere Einflüsse wehren) und die Baduy Luar (abgewanderte oder verbannte Baduy, die zwar noch stark durch die ursprünglichen Gesetze beeinflusst sind aber sich der Moderne mehr und mehr anpassen.)

Die ursprünglichen Dorfregeln gelten heute noch in den Dörfern Cibeo, Cikeusik und Cikartawana).

Einige Beispiele für Unterschiede zwischen den Baduy Dalam und den Baduy Luar:

Baduy Dalam:

Baduy Luar

Ein konkreteres Beispiel für die Unterschiede ist, dass Pak Sarmin bei der Heimfahrt Journalisten im Auto zu einem nahe gelegenen Dorf mitfuhr, um dort sein Handy aufzuladen und Verwandte zu besuchen.

Ein Angehöriger der Baduy Dalam hätte auf keinen Fall ein Auto benutzen dürfen, vom Besitz eines Handys ganz zu schweigen.

Die Baduy Luar sind hingegen schon stark durch die Außenwelt beeinflusst. In vielen Häusern hängen beispielsweise Portraits des Präsidenten, wie auch die Bilder berühmter Fußballstars.

Was beide Gruppen noch verbindet ist Ihr ursprünglicher Glaube, der „Sunda Wiwitan“. Der Sunda Wiwitan war eine in West Java verbreitete Form der Animismus. Später wurde der Glaube allerdings auch durch den Hinduismus, den Buddhismus und den Islam beeinflusst.

Auch finden vier mal im Jahr Versammlungen statt, in deren Rahmen sich beide Gruppen treffen.

Ein Großteil dieser Fakten erfuhren die Journalisten während des Mittagsessen von Ihrem Gastgeber Pak Sarmin. Nach dem essen wollten die Gruppe weiter in das Dorf der Baduy Dalam reisen.

Im Baduy Dorf Cibeo nahe Banten, Westjava

Ein Reiseführer lotste sie zu einer Brücke, die quasi die Grenze zwischen dem Lebensbereich der Baduy Luar und den Baduy Dalam darstellt. Sie überquerten den Fluss (Parahyangan) und gelangten in das Baday Dalam-Dorf Cikertawana, allerdings trafen sie dort niemanden an.

Nach Aussagen des Reiseführers waren alle Bewohner außerhalb des Dorfes auf den Reisfeldern beschäftigt und würden erst nach Sonnenuntergang zurückkehren oder sogar im Reisfeld schlafen würden, da die Saat-Saison für Reis schon begonnen habe.

Insgesamt ist die Siedlung der Baduay Dalam in 3 Kampungs (= Ortsteile) aufgeteilt. Diese sind das Kampung Cikertawana, das Kampung Cibeo und das Kampung Cikesik.

Die Gruppe zog weiter zum Dorf Cibeo. Das Dorf Cibeo hat 408 Einwohner (108 Familien) und insgesamt 88 Häuser. Beim Eintreffen in Cibeo waren viele Bewohner soeben von Ihrer Arbeit in den Reisfeldern zurückgekehrt.

Hier konnten die Journalisten erstmals die Kleidung der Baduy Dalam betrachten. Alle Bewohner des Dorfes, egal ob alt oder jung, trugen die selben Farben und Kleidungsstücke.

Ein weißes Stirnband, ein weißes Hemd und eine schwarze Hose, bzw. einen schwarzen Rock.

Übernachtet wurde bei Pak Ardi, einem Dorfverwalter, der für Beschneidungen zuständig war. Pak Ardi war 45 Jahre alt und lebte zusammen mit seinen Eltern und seinen eigenen 3 Kindern, wovon eines bereits verheiratet war.

Das jüngste Kind von Pak Ardi, ein achtjähriger Junge, der bereits einen traditionellen Dolch von 30 cm Länge bei sich trug, hieß übrigens Armani (ob dies nicht doch schon ein Äußerer Einfluss war?).

Obwohl in dem Haus also bereits drei Generationen lebten, war noch genug Platz für die 13 Besucher aus Jakarta.

Ein weiteres Familienmitglied erklärte, dass soeben von seiner Arbeit auf den Reisfeldern zurückgekehrt war erklärte den Journalisten, dass es bei den Baduy Dalam normal sei, dass bereits Kinder ab fünf Jahren auf den Reisfeldern mitarbeiteten.

Der Grund hierfür sei, dass das Kind mit der Natur vertraut gemacht werden solle. Die Aufgabe der Eltern ist es, den Kindern alles Nötige zu lehren bis das Kind das zehnte Lebensjahr erreicht.

Nach Vollendung des zehnten Lebensjahres, unterrichtet der Dorfleiter (Pu´un) die Kinder weiter und bringt Ihnen alles wichtige über das soziale Zusammenleben und die Regeln in der Gemeinschaft bei.

Die Regeln der Gemeinschaft sind, wie gesagt sehr streng. Um das Dorf vor äußeren Einflüssen zu schützen dürfen beispielsweise Fremde nur mit Erlaubnis des Pu´un das Dorf betreten. Vor allem Nicht-Indonesiern ist der Zutritt strengstens untersagt.

Zudem dürfen Besucher keine elektronischen Geräte mit ins Dorf bringen, bzw. nichts, dass eine Verschmutzung der Umwelt verursachen könnte. Hierzu zählen auch Shampoo, Zahnpasta und Seife.

Das Zusammenleben in der Baduy-Gemeinschaft

Die Häuser der Baduy Dalam sind jeweils in drei bis fünf Metern Entfernung zueinander gebaut. Jedes Haus wird mit der Hilfe aller Dorfbewohner errichtet. Die Baumaterialien sind Bambus und Holz.

Es wird stets wert darauf gelegt, daß sich alle Häuser in der Bauweise und Ausstattung gleichen, um eventuellen Neidgefühlen in der Gemeinschaft vorzubeugen. Zusammenarbeit und Einigkeit spielen eine große Rolle im täglichen Zusammenleben.

Der Boden der Häuser besteht aus Bambus und wird ca. 50-100 cm über der Erde errichtet (Rumah Panggung). Das Dach besteht aus Siren oder Ijuk. Siren sind die Blätter des Enau Baums (Arenga pinnata). Ijuk bezeichnet die Rinde des Baums.

Alle Häuser haben nur eine Tür. Wenn zwei Familien in einem Haus leben verfügt die Küche über zwei Öfen.

Mursid Tantu (40 Jahre), der „Jaro“ oder Vize-Pu´un des Dorfes, erklärte den Journalisten auf indonesisch (er sprach fließend indonesisch, ohne je eine Schule besucht zu haben), daß die Grundlage des Zusammenlebens im Dorf die Demokratie sein.

Alle Beschlüsse würden von allen Bewohnern beraten und alle Entscheidungen würden gemeinsam getroffen.

Die Baduy Dalam haben 3 Dorfleiter (Pu´un), die jeweils für andere Aufgaben zuständig sind.

Außerdem hat jedes Kampung einen so genannten Jaro, der als Vertreter des Pu´un gilt aber auch für die Sicherheit verantwortlich ist. Jedes Kampung wird 24 Stunden durch jeweils 10 Personen in Tag- und Nachtschichten überwacht, die regelmäßig um das Dorf patroullieren.

Stirbt ein Kampungleiter wird eine Versammlung einberufen, während die Menschen auf ein Zeichen des Himmels warten, dass Ihnen hilft einen Nachfolger zu bestimmen.

Die Journalistengruppe berichtete von einem sehr harmonischem Zusammenleben der Dorfgemeinschaft. Vergehen wurden entweder mit Strafarbeiten oder, bei schwereren Verstößen, mit der schon angesprochenen Verbannung bestraft.

In Eheangelegenheiten bestimmen die Eltern, ob und wen das Kind heiraten darf. Obwohl dies natürlich Zwangsehen sind, ist nie bekannt geworden, dass ein Kind den Wunsch der Eltern abgelehnt hätte.

Das Alter des Bräutigams ist meist um 20 Jahre, während die Mädchen schon mit 15-17 Jahren verheiratet werden.

Für alle Jungen im Dorf ist eine Beschneidungszeremonie Pflicht. Alle fünf Jahre werden diese Zeremonien abgehalten und gefeiert. Nur bei diesen seltenen Gelegenheiten werden Hühner geschlachtet.

In anderen Teilen Indonesiens werden hierzu auch Lämmer oder Ziegen geschlachtet, den Baduy Dalam ist der Verzehr von Lammfleisch allerdings verboten. Auch essen sie nur selten Fleisch und leben fast vegetarisch.

Die Baduy Dalam verfügen über ein eigenes Kalendersystem. Sie unterteilen das Jahr nicht in gewöhnliche Monate (Januar, Februar, April etc.), sondern machen den Jahresrhythmus von der Reisernte abhängig. Jeder Abschnitt umfasst 30 Tage. Die Bezeichnungen für diese Abschnitte sind zB. Bulan Kalima, Kaanam, Kawalu, Sapar usw.

Durch ihr abgeschottetes Leben sind die Baduy von vielen Auswüchsen der modernen Gesellschaft verschont geblieben. Es gibt keine Wirtschaftskrisen und keine Fälle von Korruption (die in Indonesien sonst allgegenwärtig ist).

Auch gibt es kaum Unterschiede zwischen Arm und Reich, da die Güter in ihrem Dorf gleich verteilt sind, allerdings haben auch sie eine Bezeichnung für Reiche Mitbewohner ihrer Gemeinschaft.

Als Reich gilt, wer einen vollen Reisspeicher, viele Hühner, Katzen oder Stoffe (die im Dach des Hauses untergebracht werden) besitzt.

Den Baduy Dalam ist es zwar gestattet das Dorf zu verlassen, jedoch dürfen sie die Strecke nur zu Fuß bewältigen und dürfen also keinerlei Verkehrsmittel nutzen und nicht einmal Schuhe tragen.

Wenn ein Bewohner beispielsweise nach Jakarta reist ist er ca. zwei bis drei Tage unterwegs. Auf dem Weg übernachtet er bei Freunden oder auch unter freiem Himmel.

Juli, der Sohn von Pak Ardi (22 Jahre alt) erzählte den Journalisten von seinem bisher einzigen Besuch in Jakarta und berichtete stolz, dass er im Gebäude der BNI (Bank Nasional Indonesia) bis zum 24. Stock gegangen wäre, ohne den Aufzug zu benutzen.

Auch einige andere Baduy Dalam reisten nach Jakarta um zumindest einmal das Leben in der Stadt kennen zu lernen.

Für viele ist das Leben in der großen Stadt allerdings ein Schock, da sie das Ausmaß an Falschheit, Hass, Neid und Eifersucht nicht aus Ihrer Gemeinschaft kennen.

Durch die zunehmenden äußeren Einflüsse ist auch vielleicht leider nur eine Frage der Zeit bis viele der Baduy Dalam abgewandert sind und ihre Lebensform für immer verschwindet.


Autor: Mappa Jarungi
Übersetzung: Vania Edgwandita Köberlein und Marc Köberlein

Quellen:


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